Naturbeobachtung: Wegwarte

Die Wegwarte trägt ihren Namen zurecht, denn sie fühlt sich in der Übergangszone vom Weg zu Wiese
oder Acker hin am wohlsten. Sie kann Störungen, die sie am Wegesrand öfters treffen, gut aushalten und
benötigt einen hellen und sonnigen Standort; der Fachmann resp. die Fachfrau spricht von Ruderalstellen. Im dichten Geflecht der Halme und Gräser einer Wiese hält sie es nicht aus. So bleibt ihr nur das schmale Band entlang der Wege, um wachsen zu können und ihre sparrigen Stängel in die Höhe zu recken.


Da sich die Blütenköpfe aus mehreren Blüten – die „Stiftchen“ in der Mitte des Köpfchens – zusammensetzen, zählt die Wegwarte zu den Korbblütlern. Ungewöhnlich ist die Farbe: das zarte Himmelblau präsentieren die kreisförmig angeordneten Zungenblüten mit fünf hübschen Zipfelchen besonders schön. Man hat den Eindruck, dass die Blüten ein Stückchen vom Himmel gezupft und auf die Erde geholt haben. Ungewöhnlich ist auch, dass die Blüten nur vormittags geöffnet sind. Dabei richten sie sich immer nach der Sonne im Osten und Südosten aus. Noch vor Mittag schließen sie sich wieder und verwelken alsbald. Nur Frühaufsteher unter den Insekten wie Bienen, Schwebfliegen und Hummeln haben die Chance, die Wegwarte zu bestäuben.


Unter der Erde bildet die mehrjährige Pflanze eine recht stämmige Wurzel, die in größere Tiefe reicht und sie bei Trockenheit mit Wasser versorgen kann. In ihr speichert die Wegwarte auch Nährstoffe (z. B. Inulin, wie der verwandte Topinambur), mit deren Hilfe sie nach Verletzungen schnell austreiben kann.


Wir Menschen nutzen gezüchtete Formen der Wegwarte bis heute: Man röstet die getrocknete Wurzel und setzt sie braunen Körnchen dem schalen Getreidekaffee als Farb- und Bitterstofflieferant zu: fertig ist der Zigorie-Kaffee, benannt nach dem lateinischen Namen der Wegwarte Cichorium. Er ist auch unter Muckefuck bekannt, nach dem verballhornten französischen „moka faux“ = falscher Kaffee (heute als Caro und Linde’s Kaffee erhältlich). Auch der immer beliebter werdende Chicorée-Salat stammt von der Wegwarte ab. Die
bleichen, leicht bitteren Sprosse sind nichts anderes als lichtlos aufgezogene Pflanzentriebe.


Beim Schwarzwaldverein hat die Wegwarte einen besonderen Klang, bezeichnen wir doch mit demselben Wort unsere fleißigen Wegwarte (mitgemeint sind natürlich auch die Wegwartinnen), die unser Wegesystem in Schuss halten und es uns ermöglichen, sicher durch den Schwarzwald zu wandern.

 

Text: Schwarzwaldverein e.V. Freiburg, Naturschutzreferent Peter Lutz

Foto: P.Weber / pixelio.de